Aktuelle Perspektiven

Die Salzburger Thesen wurden in einem ersten Entwurf beim Bekenntnistag am 26. Jänner 2002 in Salzburg vorgetragen. Nach einem intensiven Diskussionsprozess wurden sie am 26. Juni 2002 als Stellungnahme der ABCÖ verabschiedet.

1. These: Unsere Kirche muss noch viel eindeutiger eine Kirche sein, die aus dem Wort der Heiligen Schrift lebt.

In unserer kirchlichen Wirklichkeit erleben wir, dass in vielen evangelischen Häusern die Bibel vorhanden ist, dass sie aber viel zu wenig gelesen wird. Wir meinen, dass es für die Zukunft unserer Kirche entscheidend sein wird, dass viele Menschen regelmäßig die Bibel lesen und sich in Bibellesegruppen und Bibelstunden sammeln. Wir meinen, dass sich die Kirche in ihren öffentlichen Äußerungen noch viel eindeutiger auf den Wortlaut der Heiligen Schrift berufen muss.

2. These: Unsere Kirche muss jene Methode der Schriftauslegung, die den Wortsinn der Heiligen Schrift ins Gegenteil verkehrt, überwinden und zum historisch-biblischen Weg des Auslegens und geistlichen Verstehens der Heiligen Schrift kommen.

Verhängnisvoll für unsere Kirche ist, dass in konsequenter Anwendung der historisch-kritischen Methode Erklärungen veröffentlicht wurden, die eindeutig dem Wortlaut und dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift widersprechen. Homosexuelle Lebens­gemein­schaften können nicht durch biblische Texte gerechtfertigt werden. Die Schriftauslegung muss selbstverständlich die Inspiration der ganzen Heiligen Schrift ernst nehmen, die historische Entwicklung und Textwerdung der Schrift beachten und in der Bitte um das Wirken des Heiligen Geistes geschehen.
Es muss auch wieder möglich sein, dass Absolventen der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (früher FETA Basel) in den Kirchendienst der Evangelischen Kirche in Österreich übernommen werden, da heute der akademische Abschluss der STH (Lic.theol.) durch ein internationales Abkommen europaweit anerkannt ist.

3. These: Unsere Kirche muss noch viel eindeutiger eine missionarische Kirche sein, die die christusfernen Menschen in Liebe und Beharrlichkeit mit der Botschaft von Jesus Christus vertraut macht.

Die Kirche der Zukunft muss zu den Menschen gehen, weil Gott in Jesus Christus zu uns gekommen ist. Christusferne Menschen brauchen die Botschaft von Jesus Christus. phantasievoll und mit Liebe ist ihnen das Evangelium zu bezeugen: in  Wort und Tat. Ohne den Glauben an Jesus Christus gehen Menschen für die Ewigkeit verloren. Wir befürworten eine große Vielfalt evangelistischer Aktionen, Versammlungen und Initiativen, damit Menschen zu Jesus finden und in unserer Kirche ihr geistliches Zuhause erfahren.

4. These: Unsere Kirche muss noch viel eindeutiger eine Kirche des allgemeinen Priestertums sein.

Wir meinen, dass es in unserer Kirche mehr theoretische, praktische und geistliche Zurüstung der MitarbeiterInnen für Leitung, Verkündigung, Diakonie, Mission, Besuchsdienst, Gebet, Konfliktlösung und Mitarbeiterbegleitung braucht.

5. These: Unsere Kirche muss noch viel eindeutiger die Eigenverantwortlichkeit der Pfarrgemeinden, der landeskirchlichen Gemeinschaften, der kirchlichen Werke und der evangelisch-kirchlichen Vereine stärken und allem Zentralismus absagen.

Mit Sorge beobachten wir einen zunehmenden Bürokratismus in unserer Kirche, der die Eigenverantwortlichkeit der Pfarrgemeinden, der landeskirchlichen Gemeinschaften, der Werke und der evangelisch-kirchlichen Vereine behindert oder durch ein Bündel an Regeln erschwert und damit freikirchlichen Gruppierungen Vorschub leistet. Wir möchten die Eigenverantwortlichkeit in unserer Kirche auf allen Ebenen gestärkt und die Kreativität für kirchliches Handeln gefördert wissen. Die Einheit der Kirche ist nicht in uniformen Handlungsabläufen gewährleistet, sondern in der Ausrichtung auf Jesus Christus, den Herrn der Kirche.

6. These: Unsere Kirche muss durch ihre Vertreter in den Synoden bei theologischen Grundsatzerklärungen und liturgischen Formularen eine möglichst breite Zustimmung suchen, um nicht die Einheit der Kirche aufs Spiel zu setzen.

In der theologischen Debatte über die Bewertung homosexueller Lebensgemeinschaften und ihrer Segnung sind tiefgreifende Auffassungsunterschiede in unserer Kirche sichtbar geworden. Wir meinen, dass weitere Beschlussfassungen z.B. die Einführung der Segnung der homosexuellen Lebensgemeinschaften, die Einheit unserer Kirche gefährdet und daher künftig von der synodalen Tagesordnung abzusetzen ist. Wer diese Segnung einführt, der schadet der Kirche. Wir befürchten, dass Austritte aktiver Kirchenmitglieder die unausweichliche Folge einer solchen Segnung sind und dass dadurch nur freikirchliche Gruppen gestärkt werden.

Für den Leitungskreis des ABCÖ

Dr. Harald Höger (Wiener Neudorf),
Pfarrer Lic. Andreas Gripentrog (Radstadt),
Senior Pfarrer Mag. Gerhard Krömer (Schladming)